Projektbericht anlässlich des Weltflüchtlingstages 2024
20. Juni 2024
Ein Projekt der Studienergänzung Deutsch als Fremdsprache/ Deutsch als Zweitsprache (DaF/DaZ) am Fachbereich Germanistik der Universität Salzburg (Katharina Lastro, Sebastian Maier) und der Plattform für Menschenrechte Salzburg (PMR; Matthias Wetzelhütter, Franziska Kinskofer) in Kooperation mit Roots & Wings (Jugend am Werk Salzburg) und dem SOS-Kinderdorf Clearing-house
Projektzeitraum: August-Dezember 2023
Hintergrund zum menschenrechtlichen Normativ und Lebenskontext von unbegleiteten Kindern auf der Flucht
Menschenrechte sind unteilbar, universell und – unveräußerlich. Sie sind somit nicht getrennt voneinander zu betrachten, gelten weltweit und sie sind einem jeden Menschen innewohnend; das heißt, sie können nicht übertragen oder entzogen werden. Es sind die minimalen Anforderungen an ein Miteinander, die in einem ständigen Prozess der Anpassung zur Anwendung kommen und eingefordert werden müssen. Sie fußen im Wesentlichen auf Begegnung in Freiheit, Gleichheit, Solidarität. So wurde es in Art.1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) 1948 in einer langen Tradition als Antwort auf die unermessliche Zerstörung des 2. Weltkrieges in einem breiten Staatenbund, der sich seither bekanntermaßen erweitert hat, festgelegt.
Art. 14 (1)
«Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgungen Asyl zu suchen und zu genießen. »
Genauer werden die Begriffe und ein grober Rahmen hinsichtlich der Bestimmungen zur Ausführung in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) definiert. Deren Unterzeichnung 1951 wird jährlich am 20. Juni gefeiert und auf die Notwendigkeit zur Aktualisierung (z.B. hinsichtlich des Fluchtgrundes der fehlenden Lebensgrundlage aufgrund der Klimakatastrophe) aufmerksam gemacht. Auch in der VN-Kinderrechtskonvention (VN-KRK) haben sich fast alle Staaten der Erde (mit Ausnahme der USA) seit 1989, neben den Grundprinzipien Gleichbehandlung, Kindeswohlvorrang, Recht auf Leben und Entwicklung und der Achtung vor der Meinung des Kindes, zu Folgendem selbst verpflichtet:
Art. 22
(1) Die Vertragsstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass ein Kind, das die Rechtsstellung eines Flüchtlings begehrt oder nach Maßgabe der anzuwendenden Regeln und Verfahren des Völkerrechts oder des innerstaatlichen Rechts als Flüchtling angesehen wird, angemessenen Schutz und humanitäre Hilfe bei der Wahrnehmung der Rechte erhält, die in diesem Übereinkommen oder in anderen internationalen Übereinkünften über Menschenrechte oder über humanitäre Fragen, denen die genannten Staaten als Vertragsparteien angehören, festgelegt sind, und zwar unabhängig davon, ob es sich in Begleitung seiner Eltern oder einer anderen Person befindet oder nicht.
(2) Zu diesem Zweck wirken die Vertragsstaaten in der ihnen angemessen erscheinenden Weise bei allen Bemühungen mit, welche die Vereinten Nationen und andere zuständige zwischenstaatliche oder nichtstaatliche Organisationen, die mit den Vereinten Nationen zusammenarbeiten, unternehmen, um ein solches Kind zu schützen, um ihm zu helfen und um die Eltern oder andere Familienangehörige eines Flüchtlingskinds ausfindig zu machen mit dem Ziel, die für eine Familienzusammenführung notwendigen Informationen zu erlangen. Können die Eltern oder andere Familienangehörige nicht ausfindig gemacht werden, so ist dem Kind im Einklang mit den in diesem Übereinkommen enthaltenen Grundsätzen derselbe Schutz zu gewähren wie jedem anderen Kind, das aus irgendeinem Grund dauernd oder vorübergehend aus seiner familiären Umgebung herausgelöst ist.
In Österreich ist die Unterbringung von geflüchteten Kindern in zwei Phasen zu unterscheiden. In einem ersten Schritt während der Phase der Verfahrenszulassung zum Asylverfahren, d.h. dass die Behörden die Zuständigkeit Österreichs prüfen, ist der Bund für die Vollziehung zuständig. Die Kinder und Menschen allgemein, sind nach Antragstellung in dieser Zeit in einem Erstaufnahmezentrum/ Verteilerzentrum untergebracht – z.B. Traiskirchen oder Bergheim bei Salzburg. Wird das Kind, der Mensch zum Verfahren zugelassen, spricht der Staat von einem „Asylwerbenden“, mit Verfahrenszulassung geht die Zuständigkeit an die Länder über, die Menschen werden nach einem Quotensystem verteilt, wobei die Länder diese zu unterschiedlichen Graden erfüllen. Auch unbegleitete Kinder durchlaufen diese Stationen (und zahlreiche vorherige und weitere), eine gesetzliche Obsorge übernimmt in Österreich ab Zuteilung zu einem Bundesland die Verantwortung für ein Kind, das unbegleitet in Österreich ist. In der Zeit des Erstaufnahmezentrums gibt es dazu keinerlei Verantwortlichkeiten, ein Missstand, der bereits viel zu oft beanstandet werden musste und dazu führt, dass zahlreiche Kinder verschwinden. Für allgemeine Informationen zum Asylverfahren, wie aktuelle Entwicklungen und Forderungen, beispielsweise in Zusammenhang mit dem tausendfachen Verschwinden von Kindern in der Zeit der Verfahrenszulassung ohne Obsorge (wie auch Konzepten für Maßnahmen) sind u.a. die Websiten der asylkoordination Österreich und des Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR), sowie amnesty in Österreich sehr zu empfehlen.
Nachdem wir uns letztes Jahr 75 Jahre AEMR in Erinnerung gerufen haben, jährt sich die Einführung der Grundversorgung in Österreich 2024 zum 20. Mal. Die dazugehörige 15a-Vereinbarung mit dem Bund aus dem Jahr 2004 und das Salzburger Grundversorgungsgesetz 2007 regeln die Unterbringung ab Verfahrenszulassung, sollte ein Mensch Salzburg zugeteilt werden. Mündige unbegleitete Kinder werden im Bundesland derzeit im SOS-Kinderdorf Clearing-house (Grundversorgung) oder Roots & Wings (Jugend am Werk Salzburg, teils Grundversorgung und Kinder- und Jugendhilfe) untergebracht, unter 14-jährige Kinder in sozialpädagogischen und therapeutischen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe verschiedener Träger. In Salzburg waren nach Auskunft von Gerlinde Hörl, Leiterin des Fachbereichs Migration und Chancen der Caritas Salzburg im Projektzeitraum zwischen 43 und 45 unbegleitete minderjährige Fremde (umF) im Salzburger Land in der Grundversorgung registriert. Auf struktureller Ebene gibt es dabei auch nach 20 Jahren, insbesondere im Bereich der finanziellen Ressourcen für Betreuung und Beratung, noch großen Verbesserungsbedarf. Beispielsweise wurden die Tagsätze für die Unterbringung seither nicht valorisiert, der Tageshöchstsatz für Wohngemeinschaften liegt bei 95 Euro brutto in der Grundversorgung – ein zu knappes Budget für alle Zutaten eines kindgerechten Aufwachsens, das den menschenrechtlichen Normativen entsprechen soll. Problematiken, die sich in der Betreuung auf struktureller Ebene österreichweit ergeben, hat Katharina Glawischnig von der asylkoordination Österreich Anfang 2023 anhand einer Erhebung im Jahr zuvor zusammengefasst und veröffentlicht, die sich auch in den Aussagen der am Projekt beteiligten Jugendlichen aus den Betreuungseinrichtungen Roots & Wings und dem SOS-Kinderdorf Clearing-house zeigten. Die Auswirkungen unterscheiden sich beispielsweise auch deshalb in den Bundesländern, weil die zu geringen Tagsätze in den Ländern unterschiedlich stark durch die Kinder- und Jugendhilfe ausgeglichen oder übernommen werden.
Aufgrund der komplexen Herausforderungen innerhalb des Systems braucht es Zusammenarbeit und Aufklärung, Begegnung. Jugend am Werk Salzburg beteiligt sich daher am 21.06.2024 an einem offenen „Café der Kulturen“, das vom Verein Talktogether und weiteren Organisationen im Kurgarten veranstaltet wird. Das SOS-Kinderdorf Clearing-house organisierte bereits am 14.06.2024 anlässlich des Weltflüchtlingstages ein Pressekochen der Jugendlichen, gemeinsam wurde das Rezept für ein geglücktes Leben nach der Flucht gekocht, und macht heute am 20.06.2024 die Türen für Nachbarn und andere Menschen auf.
Denn auch das Clearing-house betreffen die geringen Tagsätze in der Grundversorgung. Derzeit wird der Großteil der erforderlichen Mittel von SOS- Kinderdorf über Spenden finanziert, eine lange Verhandlung mit dem Referat Soziale Absicherung und Eingliederung (3/03) des Landes im vergangenen Jahr, inklusive Konzept und Umsetzung für einen geeigneten, bedürfnis- und kindgerechten Betreuungsschlüssel wurde letztlich nicht angenommen. Möglich wäre beispielsweise eine Teilfinanzierung durch die Kinder- und Jugendhilfe (3/02), wie teils bereits in Bundesländern umgesetzt, was derzeit in Salzburg nicht vorgesehen ist. Ein kinderrechtlicher Missstand, der – im Sinne der Jugendlichen (kinderrechtlich gesehen gibt es lediglich „Kinder“ bis 18 Jahre, was auch deren Schutzwürdigkeit betont) – weiteren Dialog und konstruktive Schritte braucht. Erwähnt sei i.S. eines lokalen normativen Bezugs zuletzt, dass neben den internationalen Verpflichtungen auf Basis der verschiedenen Menschenrechtskonventionen und Protokolle 2021 auch eine Selbstverpflichtung im Gemeinderat der Stadt Salzburg beschlossen wurde, wonach Salzburg dem Bündnis Seebrücke als sicherer Hafen beigetreten ist und sich damit für ein menschenwürdiges Leben von Geflüchteten an den Außengrenzen wie auch lokal vor Ort einsetzt (bisher 4/8 Punkten umgesetzt). Dies zu erreichen, erfordert einen ganzheitlichen Zugang, der die Bedürfnisse der Menschen in den Vordergrund stellt und Gleichstellung hinsichtlich der Ressourcen anstrebt, um gegenüber anderen Kindern, besonders im Vergleich zur stationären Kinder- und Jugendhilfe, gleiche Bildungs-, Arbeits-, Schutz- und Entwicklungszugänge zu erreichen, auch i.S. einer ausreichend finanzierten Betreuungsstruktur in Grundversorgungseinrichtungen. Für den Rahmen zur Entwicklung eines jeden Kindes – gerade, wenn es Krieg, Armut, Flucht und vieles mehr erlebt hat – braucht es ähnlich wie ein nahrhaftes Gericht mindestens eines von beiden reichlich: Geld oder Zeit, im Fall der Unterbringung bedingt das eine das andere. Dazu (siehe auch Art. 6(2) VN-KRK) hat Österreich sich und das Bundesland Salzburg seine zuständige Verwaltung (§3(1)1 S.KJHG) verpflichtet.
Die Plattform für Menschenrechte, als Organisation mit regionalem Menschenrechtsanspruch und Zugang zur Menschenrechtsarbeit, beteiligt sich in der Menschenrechtsstadt Salzburg gerne in Form einiger Blitzlichter aus dem Projekt „Begegnungswerkstätten“ anlässlich des diesjährigen Weltflüchtlingstags sowie 20 Jahren Grundversorgung in Österreich und Salzburg bei dieser Aktion zum Sichtbarmachen der Anliegen der jungen Menschen im Rahmen des diesjährigen 60-Jahre Jubiläums von SOS-Kinderdorf am Standort Salzburg. Ein vielfacher Grund zum Feiern, jedenfalls für konstruktive Veränderungen.
Die „Begegnungswerkstätten“
Katharina Lastro und Sebastian Maier sind Lehrveranstaltungsleitende in der Studienergänzung „Deutsch als Fremdsprache / Deutsch als Zweitsprache (DaF/DaZ)“ an der Universität Salzburg und haben sich der Idee angenommen, mit ihren Studierenden und jungen Geflüchteten zu arbeiten. Sie haben – ehrenamtlich – ein didaktisches Konzept entworfen, in dessen Rahmen unbegleitete minderjährige Geflüchtete dazu ermächtigt und ermutigt werden, sich über ihr Leben in Salzburg zu äußern. Betreut wurden Sie dabei von Studierenden der Studienergänzung DaF/DaZ, die so Praxiserfahrungen sammeln und ihre interkulturelle Sensibilität stärken konnten. Die zentralen Fragen in Tradition der Flüchtlingsforen dabei waren:
- Wo findest du Möglichkeiten, deine Lebensumwelt mitzugestalten?
- Wo findest du Hindernisse und wie kannst du sie, auch gemeinsam mit anderen, überwinden?
Die Studierenden und Praktikant:innen konnten sich unter Anleitung und anhand des didaktischen ausprobieren und die verschiedenen Teilnehmenden sich kennenlernen: Erarbeitet wurde zunächst ein Sprachenportrait (auf Basis der Vorlage von heteroglossia.net), gefolgt von einer Mindmap zur Emotionalität in Bezug auf das Leben in Salzburg/ Österreich und einem Textgerüst, mithilfe dessen über die eigene Situation in Österreich berichtet werden konnte. Eine gemeinsame Schlussrunde, bei der die Teilnehmenden auf Basis von selbst gewählten Bildern über ihre aktuelle Gefühlslage sprechen konnten, ermöglichte einen sanften Abschluss. Es waren Dolmetschende für Farsi, Arabisch und Kurdisch vor Ort – für Paschtu konnten wir leider im ganzen Bundesland und auch online niemanden finden –, um den Rahmen in Muttersprache erklären zu können und auch als Hilfestellungbei Verständigungsproblemen, die alleine nicht überwunden werden konnten. Vorab hat Franziska Kinskofer in einer Lehrveranstaltungseinheit Erwartungen und Rahmen mit den Studierenden besprochen. Insgesamt fanden dann zwei Workshops statt und einige der Werke, inklusive schriftlicher Reflexionen der Studierenden, wurden für eine Woche rund um den Internationalen Tag der Menschenrechte am 10.12.2023, organisiert von Katharina Lastro und Sebastian Maier, am Unipark ausgestellt. Am 11.12.2023 fand dabei auch die diesjährige Verleihung der Rose der Menschenrechte am Unipark statt, wobei Aktivist:innen von Fridays for Future und Erde brennt ausgezeichnet wurden mit zumindest mittelbarem Bezug zu (immer mehr) Menschen auf der Flucht. Schülerinnen zweier Klassen des Ausbildungszentrums St. Josef besuchten die Ausstellung außerdem im Rahmen ihres Unterrichts gemeinsam mit ihren Lehrerinnen im Rahmen des Menschenrechtsschulprozesses an der Schule. Eine Lehrerin meinte dabei mit Bezug zur Wertigkeit von Sprachen, dass ihr auffalle, dass sie auch im Kochunterricht nur beispielsweise französische oder italienische Gerichte koche. Diese Beobachtung war Ausgangspunkt für ein entsprechendes/anregendes Gespräch mit einer Schülerin mit Wurzeln in einem sogenannten „Drittstaat“.
Einige Eindrücke der jungen Menschen
Anhand der Sprachenportraits haben die jungen Geflüchteten die Sprachen, die sie sprechen, mit ihrem Körper in Verbindung gesetzt und sich im Gespräch mit deren Bedeutung für sich auseinandergesetzt. Zwei Sprachenportraits werden im Folgenden exemplarisch gezeigt. Auch Sprachen gelten im täglichen Leben nicht als gleichwertig – der Wert von Französisch ist hierzulande ein anderer als z.B. der von Arabisch oder Persisch (Farsi) -, doch jede Sprache ist eine Form des Ausdrucks dieses Menschen und Mehrsprachigkeit immer eine Ressource. In einem ersten Schritt ging es darum, diese persönliche Bedeutung wertzuschätzen und sich kennenzulernen. Der Begriff Menschenwürde ist leichter zu erfassen in einem gemeinsamen, bunten Prozess als im bloßen schwarz-weißen Wort.
Als nächstes erarbeiteten die Gruppen Mindmaps zu bestimmten Aspekten im Leben der Jugendlichen, die mit unterschiedlichen Emotionen verbunden sind, die Themenpalette reicht dabei von vermeintlich banalen kulturellen Unterschieden bis hin zu außergewöhnlich traurigen Begebenheiten wie das lange Warten auf einen möglichen Familiennachzug. Der Alphabetisierungsgrad (auf Deutsch) war zum Teil noch auf einem Anfängerniveau, deshalb haben die Studierenden teils in Vertretung der Geflüchteten mitgeschrieben.
Im Folgenden einige der Texte, die mithilfe des Textgerüsts erarbeitet wurden:
Mein Leben in Österreich
An Salzburg mag ich, dass es im Winter schneit und im Sommer regnet.
Ich fühle mich hier wohl, weil ich hier lernen und studieren kann.
In Österreich gefällt mir, dass es mir in Salzburg gut geht.
Traurig macht mich, wenn andere Menschen abgewertet werden.
Wichtige Menschen für mich sind Menschen, die mit mir sprechen und mir helfen.
Es hilft mir, wenn ich viele Sprachen sprechen kann.
Ich möchte den Menschen sagen: Bitte mehr lachen und reden!
Mein Leben in Österreich
An Salzburg mag ich, dass ich in die Schule gehen kann und dass es ruhig ist.
Ich fühle mich hier wohl, weil das Wetter hier schön ist.
In Österreich gefällt mir nicht, dass ich keinen Asylstatus bekomme, obwohl ich schon seit vier Jahren hier bin.
Wütend und traurig macht mich, dass ich kein Geld bekomme, auch wenn ich arbeiten würde.
Ich habe Angst vor den Taliban.
Ein wichtiger Mensch für mich ist meine Mutter, weil sie alles für mich gemacht hat.
Es hilft mir, wenn ich besser Deutsch könnte, damit ich einen guten Job bekommen kann.
Das möchte ich den Menschen hier gerne sagen: Wenn neue Leute nach Österreich kommen, sollen sie die Schule besuchen dürfen und dort Deutsch lernen.
Mein Leben in Österreich
An Salzburg mag ich, dass es ruhig ist und es gutes Essen gibt.
Ich fühle mich hier wohl, weil ich hier Freunde gefunden habe.
In Österreich gefällt mir, dass man bei der Salzach sitzen kann.
Wütend und traurig macht mich, dass die Polizei kommt, wenn ich daheim Arabisch spreche.
Ich habe Angst, wenn ich ungerecht behandelt werde.
Ein wichtiger Mensch für mich ist meine Mutter, weil ich sie vermisse.
Es hilft mir, wenn ich Geld zu ihr nach Syrien schicken kann.
Das möchte ich den Menschen hier gerne sagen: Fahrt nicht nach Wien! Dort ist zu viel los. 🙂
Das möchte ich den Politiker:innen hier gerne sagen: Bitte helft mir, wenn ich krank bin und ins Krankenhaus muss.
Mein Leben in Österreich
An Salzburg mag ich, dass die Leute nett sind.
Ich fühle mich hier wohl, weil ich Deutsch lerne.
In Österreich gefällt mir nicht, dass ich seit mehr als einem Jahr auf ein Interview beim BFA [= Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Anm.] warte.
Traurig macht mich, dass ich meine Familie vermisse.
Ich habe Angst vor Asyl-Gesetzen.
Ein wichtiger Mensch für mich sind meine Eltern, weil sie mich unterstützen.
Es hilft mir, wenn mich dasClearing-house beim Lernen und Wohnen unterstützt.
Das möchte ich den Menschen hier gerne sagen: Dankeschön. Passt auf euch auf.
Das möchte ich den Politiker:innen hier gerne sagen: Asyl-Gesetze verbessern.
Mein Leben in Österreich
An Salzburg mag ich, dass es eine „Brücke der Liebe“ gibt.
Ich fühle mich hier wohl, weil es Berge gibt (Untersberg etc.)
In Österreich gefällt mir nicht, dass die Leute unfreundlich zu mir sind.
Wütend und traurig macht mich, dass es keine genauen Regeln im Asylverfahren gibt.
Ich habe Angst vor einem negativen Asylbescheid.
Ein wichtiger Mensch für mich ist mein Bruder, weil er auch hier ist und mir sehr nahesteht.
Es hilft mir, wenn ich einen Asylbescheid bekomme und in den Deutschkurs gehe.
Das möchte ich den Menschen hier gerne sagen: Ich bin dankbar, hier zu sein und für die Möglichkeiten.
Das möchte ich den Politiker:innen hier gerne sagen: dass ich auch ein Mensch bin!!!
Die Studierenden verfassten ebenfalls kurze Texte, die auch ausgestellt wurden, die Rückmeldungen – auch in der Nachbesprechung – waren durchwegs sehr positiv: Für manche, nicht alle, war es der erste Kontakt zu jungen geflüchteten Menschen; überwiegend funktionierte die Kommunikation und es herrschte eine lockere Atmosphäre; im interkulturellen Kontext braucht man Geduld und muss Pausen aushalten; trotz aller Unterschiede konnten die Studierenden in dieser Begegnung von Mensch zu Mensch auch zahlreiche Gemeinsamkeiten mit den Jugendlichen finden.
Besuchende der Ausstellung konnten sich mit der Thematik, konkret dem Heimatbegriff auseinandersetzen – bei der Ausstellung waren neben den Werken aus den Begegnungswerkstätten auch noch drei Bilder eines geflüchteten jugendlichen Künstlers aus dem Betreuten Wohnen von SOS Kinderdorf zu sehen sowie eine große Karte, die verschiedene Fluchtrouten mit Stationen der jeweiligen Geschichte zeigten, neben einführenden kinderrechtlichen Informationen und Informationen zur Studienergänzung und dem didaktischen Konzept. Es wurde so angeregt, Flucht als etwas Menschliches zu sehen, was jeden betrifft und was viel mit Heimat, Dazugehören und Akzeptiertsein zu tun hat, was durch Begegnungstattfindet und sich entwickeln kann. Bei der Ausstellung konnten Besucherinnen und Besucher ihre Gedanken zum Begriff Heimat teilen, exemplarisch werden zwei der 20 Kommentare hier dargestellt:
Ein Fazit? Was es braucht.
Hanne-Margarete Birckenbach zitiert in ihrem Buch „Friedenslogik verstehen“ (2023) Georg Picht zur Erkenntnis, dass Frieden kein einmalig erreichter Zustand, sondern ein partikularer Ausverhandlungsprozess sei, ein Auszug einführend zum Abschluss: „Hingegen gehört es zum Wesen des Friedens, dass er nicht definiert werden kann. Jede politische Macht und jede Ideologie will den Gegnern ihren eigenen Friedensbegriff oktroyieren. Der Kampf darum, welche Machtverteilung, welches Wirtschaftssystem oder welche Art von Herrschaft über Bewusstsein als verbindliche Friedensordnung anerkannt werden soll, bildet die eigentliche Materie aller gesellschaftlichen und machtpolitischen Konflikte. Frieden will jeder; aber er will seinen eigenen Frieden und sucht nach Mitteln, ihn diktieren zu können.“ Und damit würde der Prozess wiederum keiner Friedens-, sondern einer Sicherheitslogik folgen.
Der Inhalt eines friedenlebenden, menschenwürdigen Zusammenlebens kann also nie allgemeingültig definiert werden, es würde bereits dem ersten Grundsatz der Menschenrechte widersprechen; lediglich kann ein Rahmen so gestaltet werden, dass Begegnung und ein steter gemeinsamer Ausverhandlungsprozess möglich werden. Denn es muss nicht so sein, dass ein jeder gleich gern Äpfel isst und gleich viele zum Kochen und Essen zur Verfügung hat – aber es ist ein menschenrechtlicher Anspruch, dass jeder Mensch den gleichen Zugang zu denjenigen Zutaten hat und strukturell bedingt haben kann (muss!), die existenziell wichtig und notwendig für die Entwicklung sind (vgl. Art. 22(1) VN-KRK). Ob jemand Äpfel, Birnen oder Trauben wählt und daraus Saft, Kuchen oder Wein herstellt, bleibt – so will es die Würde des Menschen – einem jeden Menschen selbst überlassen.
Ob also ein Kind zusätzliche psychosoziale Unterstützung, therapeutische Begleitung, Lernunterstützung oder etwas anderes braucht, ist von Kind zu Kind und Situation zu Situation unterschiedlich; doch es gilt einen Rahmen zu gewährleisten, in dem alle Kinder hierfür die möglichst gleichen Ausgangsbedingungen vorfinden und besondere Faktoren der Verletzlichkeit berücksichtigt werden können. Derzeit wird von den jungen Menschen, die flüchten mussten, zu viel – auch aus menschenrechtlicher Sicht – abverlangt: gleichzeitig wird auf die notwendige Integration verwiesen, während ein selbstbestimmtes Leben der jungen Menschen auf vielen Ebenen beschränkt ist und wird (siehe z.B. Ersatzkräfteverfahren, Zuverdienstgrenzen, fehlende Möglichkeit sich etwas anzusparen, lange Verfahren, geringer Betreuungsschlüssel und fehlende Zusatzleistungen in der Grundversorgung, Altersfeststellungen, uvm.) – umso wichtiger sind ausreichende Ressourcen, um stabile Bezugsbeziehungen zu finden. Wenngleich insbesondere verfahrensrechtliche Fragen hierbei vor allen Dingen Bundesmaterie betreffen, bleiben gerade im Bereich der Unterbringung Handlungsspielräume auch auf Länderebene nach Vorbild anderer Bundesländer – für das Nutzen dieser stehen wir als Menschenrechtsorganisation natürlicherweise mit ein.
Das Projektteam bedankt sich für die Teilnahme, die Offenheit und das Vertrauen der Teilnehmenden und Kooperationspartner auch bei den Begegnungswerkstätten und wünscht anlässlich des Weltflüchtlingstags ein hoffentlich menschenrechtlich nahrhaftes gemeinsames Kochen, Essen und Begegnen bei den verschiedenen Veranstaltungen in Salzburg!
Bericht: Franziska Kinskofer, Plattform für Menschenrechte
Wortwolken mit den häufigsten Nennungen in den erarbeiteten Materialien:
Was gefällt dir/ Was tut dir gut/ Was hilft dir (oben) & Was gefällt dir nicht/ was macht dich traurig oder wütend (unten)